Die Tagung „Winckelmann and His Passionate Followers“ möchte den durch mehrere aktuelle Veröffentlichungen und die Ausstellung „Winckelmann – Das göttliche Geschlecht“ im Schwulen Museum in Berlin (2017) neu angestoßenen Diskurs um Winckelmanns von ihm selbst nie verhehlte Homosexualität nachspüren, indem sie diese als konstituierendes Element seiner Interpretation nicht nur antiker Kunst und Kultur aufgreift. Mit Winckelmann wurde (männliche) Schönheit zum Gegenstand der Wissenschaft. Über den biografischen Zugriff hinaus soll hinterfragt werden, inwieweit sich die Geistes- und Kulturwissenschaften unter Winckelmanns Einfluss für eine „queere“ Lesart der Antike öffneten und ein Bild idealer Männlichkeit generierten, das belehrend und begehrenswert zugleich war. Die Queer und Gender Studies bieten hier lohnende Ansätze. Zentrale These der Tagung ist, dass gerade die Archäologie einem international agierenden Netzwerk von Gelehrten und Sammler_innen neue Möglichkeiten eröffnete, einen gleichsam unter der Oberfläche wirksamen Diskurs abseits traditioneller Geschlechterrollen zu entfalten und die erotologische Praxis auf das Gebiet des Antikenstudiums auszuweiten. Im Mittelpunkt stehen die Erotik des Begehrens als Trieb des Forschens, des Sammelns und der künstlerischen bzw. literarischen Produktionen. Dabei sollen sowohl die Zeitgenossen Winckelmanns als auch seine „Passionate Followers“ bis in die Gegenwart behandelt werden, jene kulturelle Elite aus teilweise offen ihre gleichgeschlechtlichen Neigungen auslebenden Archäologen und Mäzene, Sammler_innen, Literaten und Künstler_innen, die in der Aneignung der (griechischen) Antike das Potenzial zu einem ästhetischen und gesellschaftlichen Neuanfang sahen.